Die erste Schuld by Casey Jane

Die erste Schuld by Casey Jane

Autor:Casey, Jane [Casey, Jane]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: Blanvalet Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2014-07-20T20:00:00+00:00


5

Das Hotel Bagshawe, eingebettet zwischen einem Baumarkt und einem Mietshaus, wirkte schäbig. Es hatte eindeutig bessere Tage gesehen, und die blaue Markise über den Fenstern im Parterre ließ es noch heruntergekommener aussehen.

»Ist das ein richtiges Hotel oder ein Stundenhotel?«, fragte ich.

»Soviel ich weiß, ist es ein durchaus angesehenes Hotel. Hier habe ich noch nie jemanden eingebuchtet.« Gary betrachtete das Schild neben dem Eingangstor, auf dem »Übernachtung mit Frühstück für vierzig Pfund pro Nacht« stand. »Immerhin günstig.«

Ein Vorzug des Hotels war der eigene Parkplatz. Doch Gary ignorierte die markierten Stellplätze und parkte den Streifenwagen direkt vor dem Haupteingang. Auf den Stufen davor wartete bereits eine Frau. Sie trug eine billige weiße Bluse und einen engen blauen Rock. An der Blusentasche war ein Namensschild befestigt.

»Haben Sie uns gerufen?«, erkundigte sich Gary.

»Ja.« Sie hatte einen leichten Akzent, aber ich konnte ihn nicht einordnen. Auf dem Namensschild stand »Elena«. »Ich bin die Nachtmanagerin.«

»Uns wurde eine Störung gemeldet.«

Sie verdrehte die Augen. »Es hörte sich an, als würde jemand umgebracht, so laut war es.«

»Man hat uns gemeldet, eine Frau sei in Schwierigkeiten«, erklärte Gary. Er ging die Stufen hoch, ich hinterher, wobei ich überprüfte, ob mein Gürtel korrekt saß.

»Das ist es, was ich gehört habe. Ich bin raufgegangen, weil jemand aus dem Nebenzimmer anrief, dass es dort so laut sei. Zum Glück sind wir heute Nacht nicht ausgebucht – nur drei Zimmer sind belegt. Ich höre eine Frau schreien, laut schreien. Dann sagt eine Männerstimme: ›Halt die Klappe, du dreckige Schlampe.‹ Ich höre, wie jemand geschlagen wird. Es folgt erneut Geschrei.«

»Haben Sie an die Tür geklopft?«

»Nein. Ich habe die 999 angerufen. Als Frau allein habe ich Angst. Dass ich die Nachtmanagerin bin, garantiert keine Sicherheit.«

»Welche Zimmernummer?«, fragte ich und steuerte auf die Treppe zu.

»Zwölf. Im zweiten Stock.«

Gary winkte sie herbei. »Sie müssen mitkommen. Wenn wir keine Antwort bekommen, müssen Sie uns hineinlassen.«

Wir rannten die beiden Treppen hinauf. Elena kam mit etwas Abstand hinterher. Ich ging voran; der Adrenalinschub ließ mich die schwere Ausrüstung und die plumpen Stiefel vergessen. Ich spitzte die Ohren, als ich den Flur entlangging, und versuchte, mich möglichst geräuschlos zu bewegen. Die Tür zu Zimmer zwölf war geschlossen; sie sah nichtssagend und anonym aus. Ich trat etwas zur Seite und blickte Gary hilfesuchend an. Er nahm meinen Arm und schob mich hinter sich. Dann hob er die Hand, um an die Tür zu klopfen. Als Antwort drang ein langes, leises Stöhnen aus dem Zimmer. Ich biss mir auf die Unterlippe. Gary hämmerte gegen die Tür.

»Polizei. Bitte öffnen Sie.« Trotz des höflichen »bitte« war der Kommandoton in seiner Stimme nicht zu überhören. Ich wünschte mir, meine Stimme würde auch so klingen. Wenn ich energisch wurde, hörte sich das immer schrill an.

Mit diesen Gedanken versuchte ich, mich von dem, was sich hinter der Tür abspielte, abzulenken. Einerseits wollte ich wissen, was los war, andrerseits wäre ich am liebsten weggerannt.

Nachdem Gary geklopft hatte, herrschte einen Moment lang Stille, dann hörte man einen unterdrückten Laut.

»Öffnen Sie.« Er klopfte erneut. »Wenn Sie nicht öffnen, werde ich die Tür eintreten, jetzt gleich.



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